Grobianismus

Grobianismus
Grobianịsmus
 
[Neubildung zu lateinisch rusticus »grob«, »ungebildet« mit der Endung -ian als ironische Analogie zu Heiligennamen] der, -, die in der grobianischen Dichtung des 15. und 16. Jahrhunderts angeprangerten unflätigen Verhaltensformen. Der erste Beleg findet sich in Zeningers »Vocabularius teutonicus« (1482). In S. Brants »Narrenschiff« (1494) wird »Sankt Grobianus« zum Schutzpatron des Grobianismus erhoben und erscheint in ähnlicher Funktion auch bei T. Murner und Geiler von Kaysersberg. Die grobianische Literatur schließt an die Tischzuchten des späten Mittelalters an. Sie wurde im Zuge des Niedergangs der mittelalterlichen Kultur zur ironischen Anweisung, sich möglichst unwürdig zu benehmen, und wollte so die allgemeine Vergröberung der Sitten bekämpfen. Hauptwerk dieser Gattung ist F. Dedekinds »Grobianus - De morum simplicitate libri duo« (1549) in 1 200 lateinische Distichen, bekannt v. a. durch die (erweiternde) Übersetzung durch K. Scheidt: »Grobianus. Von groben sitten und unhöflichen geberden« (1551). In J. Fischarts Umdichtung des »Eulenspiegels« (1572) und der »Geschichtsklitterung« (1582) wirkte der Grobianismus bis ins 18. Jahrhundert fort.

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Gro|bi|a|nịs|mus, der; - (Literaturw.): in der grobianischen Dichtung angeprangerte unflätige Verhaltensformen: Dies nur eine Auswahl der geläufigsten Schimpfwörter aus dem Vokabular, welches wir literarisch dem so genannten G. zuordnen (P. Meier, Paracelsus 50).

Universal-Lexikon. 2012.

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